eGovernment-Monitor 2024

Fortschritte beim Online-Ausweis, aber der Durchbruch fehlt
Die Nutzung des Online-Ausweises hat in Deutschland im letzten Jahr deutliche Fortschritte gemacht, doch der große Durchbruch steht noch aus. Trotz einer gestiegenen Akzeptanz bleibt der Erfolg aufgrund fehlender Anwendungsfälle und komplizierter Aktivierungsprozesse begrenzt.

Die Nutzung des Online-Ausweises in Deutschland hat im vergangenen Jahr deutliche Fortschritte gemacht – von einem Erfolg lässt sich jedoch noch nicht sprechen. Wie die ersten Ergebnisse des eGovernment Monitors 2024 zeigen, haben mittlerweile 39 Prozent der Bürgerinnen und Bürger ihren Online-Ausweis einsatzbereit, was einen Anstieg von 9 Prozentpunkt gegenüber dem Vorjahr bedeutet. Besonders bemerkenswert ist der Zuwachs in den jüngeren Altersgruppen, wie Generation Z und Y (+15 bzw. 13 Prozentpunkte), aber auch der ältesten Generationen bis 1945 (+12 Prozentpunkte).

22 Prozent der Befragten haben die eID-Funktion ihres Ausweis auch bereits genutzt. Im Vergleich zu den Vorjahren ein substanzieller Anstieg, zwischen 2021 (9 Prozent) und 2023 (14 Prozent) kamen schließlich nur wenige neue Nutzer hinzu. Vor allem gut gebildete Menschen und jüngere Generationen treiben diese Entwicklung voran. Gleichzeitig bestehen regionale Unterschiede: In Berlin nutzen 32 Prozent den Online-Ausweis, während es in Sachsen nur 16 Prozent sind. Die Nutzung ist in Stadtstaaten generell höher, was auf eine bessere Verfügbarkeit und vielleicht auch eine höhere Bekanntheit der Anwendungsmöglichkeiten hinweist.

Dennoch lässt sich nicht leugnen, dass sich die Nutzung insgesamt noch auf sehr niedrigem Niveau bewegt. Dies liege allerdings nicht am Desinteresse der Bürgerinnen und Bürger, sondern an fehlenden Anwendungsfällen in der Verwaltung und Wirtschaft, erklärte Christiane Fritsch, Tribe Lead Digital Leadership ING Deutschland und Vizepräsidentin der Initiative D21. „Ohne Zunahme an Anwendungsfällen bleibt die eID auch die nächsten Jahre unter ihren Möglichkeiten. Es ist höchste Zeit, die eID in allen relevanten Bereichen zur Pflicht zu machen und endlich ihr volles Potenzial auszuschöpfen.“

Darüber hinaus sei es auch nicht hilfreich, dass der kostenlose PIN-Rücksetzdienst eingestellt worden sei. Nun seien mit dem Rücksetzen Kosten verbunden und der Prozess sei kompliziert geworden. „Das hilft natürlich nicht. Auch hier gibt es Diskussionen darüber, wie ein freundlicheres Kundenerlebnis bereitgestellt werden kann, aber es gibt noch keine wirklich spruchreife Lösung“, so Fritsch.

Die Nutzer mitnehmen
Eine schlechte Nachricht, denn das Einsatzbereit-Machen des Ausweises stellt nach wie vor die größte Hürde für dessen Nutzung dar. 32 Prozent der Generation Z und 28 Prozent der ältesten Generation geben an, nicht zu wissen, wie sie ihren Ausweis aktivieren können. Hinzu kommt, dass nur 23 Prozent der Bürger darüber informiert sind, dass sie ihren Ausweis einfach mit dem Smartphone und einer NFC-Schnittstelle nutzen können.

Die Kommunikation sei ein wesentlicher Aspekt, folgert Prof. Dr. Helmut Krcmar, Leiter des KrcmarLab an der TU München und Mitherausgeber des eGovernment Monitors. Anwendungsfälle müssen bekannt gemacht und die Neugier geweckt werden. Doch Ernst Bürger, Abteilungsleiter Digitale Verwaltung, Steuerung OZG beim Bundesministerium des Innern und für Heimat, machte hier erst mal keine großen Hoffnungen: „Wir hätten gerne die eID und den Onlineausweis noch einmal mit einer Kampagne bekannter gemacht, aber Sie kennen alle die Haushaltslage. Das ist jetzt einfach dem Rotstift zum Opfer gefallen.“ Sobald sich die Haushaltslage jedoch bessert, soll dies nachgeholt werden.

Die geplante Einführung der Deutschland ID (bisher Bund ID) bietet einen idealen Ausgangspunkt für einen kommunikativen Neustart. Bisher wussten nur 19 Prozent der Bevölkerung, was die Bund ID ist. Die Nutzung der Bund ID liegt mit 15 Prozent noch niedrig, zeigt aber einen positiven Trend, besonders bei den Digital Natives.

eID steht eGovernment im Weg
Doch Werbung allein reicht nicht. „Für 52 Prozent der Bürgerinnen und Bürger stellt die Notwendigkeit, sich online auszuweisen, eine zentrale Hürde bei der Nutzung von E-Government-Angeboten dar. Um das Ziel eines modernen und digitalen Staates zu erreichen, ist die Akzeptanz und Nutzung des Online-Ausweises daher von zentraler Bedeutung. Eine Investition in diese Infrastruktur ist also auch eine Investition in die Leistungsfähigkeit des Staates“, erklärte Sandy Jahn, Referentin für Strategic Insights & Analytics bei der Initiative D21. Eine schlechte Nachricht für die digitale Verwaltung. Laut Ernst Bürger liegt der Grund für die hohe Abbruchrate in der Komplexität und Dauer des Prozesses: Falls der Ausweis noch nicht aktiviert sei, müsse man zunächst den Online-Service abbrechen, warten, bis der Rücksetz- oder PIN-Brief da ist, und erst dann könne man den Prozess fortsetzen – das dauere zu lange.

An einer Alternative wird jedoch bereits gearbeitet. Ein Ansatzpunkt ist das Einlesen des Personalausweises über ein Lesegerät oder Smartphone. „Eine erstmalige Initialisierung mit dem Personalausweis wird immer notwendig sein, aber wir versuchen, die Interaktion zwischen Lesegerät und Onlineausweis zu reduzieren, indem wir über eine andere Hardwarekomponente die Daten des Onlineausweises speichern“, so Bürger. Im Projekt „Smart eID“ war hierfür die Speicherung auf einem Secure Element oder perspektivisch auf der eSIM angedacht. „Und das ist auch richtig. Einen Hardware-Anker werden wir aus Sicherheitsgründen brauchen – gerade wenn die Interaktionen mit dem Staat zunehmen –, aber ein Hardware-Sicherheitsmodul (HSM) in der Cloud wäre auch machbar.“ (Natalie Ziebolz)

Quelle: https://www.egovernment.de/fortschritte-beim-online-ausweis-aber-der-durchbruch-fehlt-a-e3d9d94fd8a754cec4789bc37f49f7c8/